Für viele Familien ist das Reisen mit Kindern Alltag, ob es ein Besuch bei Verwandten oder Urlaub im Ausland ist. Bei getrennt lebenden Eltern, alleinerziehenden Müttern oder Vätern und in Patchwork-Konstellationen können solche Reisen aber zu rechtlichen Problemen führen, weil die Sorgeberechtigten nicht mit dem Kind reisen. Dieser Beitrag zeigt auf, welche Regeln für die unterschiedlichen Sorgerechtskonstellationen gelten und was bei der Reise beachtet werden sollte.
1. Aufenthaltsbestimmungsrecht
Das Recht und die Pflicht über Auslandsreisen von Kindern zu entscheiden ergibt sich aus dem Aufenthaltsbestimmungsrecht aus § 1631 Abs. 1 BGB, als Teil des Sorgerechts. Es umfasst nicht nur den Wohnsitz, sondern auch die Entscheidung, ob und wann sich ein Kind im Ausland aufhalten darf. Je nachdem, wie das Sorgerecht zwischen den Eltern verteilt ist, gelten unterschiedliche Voraussetzungen für eine rechtmäßige Ausreise mit dem Kind.
2. Gemeinsames Sorgerecht: Zustimmung des anderen Elternteils erforderlich
Gemäß § 1626 BGB ist der deutsche Regelfall, dass beide Elternteile das gemeinsame Sorgerecht haben. In diesem Fall dürfen grundlegende Entscheidungen nur gemeinsam getroffen werden, darunter auch Auslandsreisen.
- Kurzfristige Urlaubsreisen: Auch bei kurzfristigen Urlaubsreisen müssen grundsätzlich beide Elternteile zustimmen. In der Praxis wird die Zustimmung bei gewöhnlichen Urlaubsreisen oft als stillschweigend vorausgesetzt, wenn keine Bedenken bestehen. Um sich rechtlich abzusichern, sollte dennoch eine schriftliche Einverständniserklärung des anderen Elternteils mitgeführt werden.
- Reisen in Risikogebiete oder mit besonderer Dauer: Bei Reisen in politisch instabile Regionen oder bei längeren Aufenthalten (z. B. Schüleraustausch, Auslandsjahr) ist die ausdrückliche Zustimmung beider Sorgeberechtigten zwingend erforderlich.
Empfohlen wird:
- Schriftliche Einverständniserklärung mit Reiseziel, -dauer und Kontaktdaten
- Kopie der Geburtsurkunde des Kindes
- ggf. Sorgerechtsnachweis (z. B. Auszug aus dem Sorgeregister)
3. Alleiniges Sorgerecht: Ausreise ist allein entscheidbar – Nachweis mitführen
Verfügt ein Elternteil über das alleinige Sorgerecht für ein Kind zum Beispiel durch gerichtliche Entscheidung oder weil das gemeinsame Sorgerecht nie begründet wurde (§ 1626a Abs. 3 BGB), kann derjenige grundsätzlich allein über den Auslandsaufenthalt des Kindes entscheiden.
Im Ausland kann nicht ohne Weiteres erkannt werden, dass nur ein Elternteil das Sorgerecht hat. Es sollte daher immer ein Nachweis über das alleinige Sorgerecht mitgeführt werden, etwa:
- Auszug aus dem Sorgeregister des Jugendamts
- Gerichtlicher Sorgerechtsbeschluss
4. Spezielle Familienkonstellationen
Wer nicht sorgeberechtigt ist (z. B. neue Lebenspartner*innen), darf nicht mit einem Kind ohne Zustimmung der Sorgeberechtigten ins Ausland reisen, auch nicht für einen Kurztrip.
5. Reisen außerhalb der EU
Für Reisen mit Kindern außerhalb der EU gelten in bestimmten Ländern oft andere rechtliche Bestimmungen für Sorgerecht und Zustimmung der Sorgeberechtigten. Zudem werden meist strengere Grenzkontrollen durchgeführt. Zudem kann durch das Haager Kinderentführungsabkommen eine Reise ohne Zustimmung eines Sorgeberechtigten schwere rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Daher ist es unentbehrlich, sich vor einer Reise über die jeweiligen Einreisebestimmungen hinsichtlich Reisen mit Kindern zu informieren und sich an die jeweiligen Bestimmungen zu halten.
6. Zusammenfassung
- Klären Sie rechtzeitig, ob und in welchem Umfang Zustimmung erforderlich ist.
- Holen Sie bei gemeinsamem Sorgerecht eine schriftliche Einverständniserklärung ein.
- Führen Sie alle relevanten Dokumente mit (Geburtsurkunde, Sorgerechtsnachweis, Einverständniserklärung).
- Informieren Sie sich bei Reisen ins außereuropäische Ausland über mögliche strengere länderspezifische Anforderungen.
7. Fazit
Reisen mit Kind kann in bestimmten Konstellationen ein Prozess sein, den man gut planen sollte. Besonders außerhalb der EU gelten oft strengere Vorgaben. Wer sich präventiv gut vorbereitet und alle benötigten Dokumente mitführt, schützt nicht nur sich selbst vor rechtlichen Konsequenzen, sondern handelt auch im besten Interesse und zum Wohle des Kindes. Bei komplexeren Konstellationen und längeren Reisen empfiehlt es sich den Rat eines Experten einzuholen.
Wenden Sie sich für eine individuelle Unterstützung gerne an unser Team.
Weitere Infos zum Familienrecht: https://www.kanzlei-hufnagel.de/service/familienrecht/
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