Die vorweggenommene Erbfolge, also die Übertragung von Vermögen noch zu Lebzeiten des Erblassers auf die zukünftigen Erben, erfolgt im juristischen Sinne durch eine Schenkung gem. § 516 BGB.

Dabei gibt es verschiedene Möglichkeit, die Schenkung zu gestalten und den Schenker rechtlich abzusichern:

1. Immobilienübertragung

Der Schenker kann zu Lebzeiten durch einen notariell beurkundeten Vertrag eine Immobilie auf einen der zukünftigen Erben übertragen. Dabei hat er die Möglichkeit die Übertragung mit einem Wohn- oder Nießbrauchrecht zu verknüpfen, um weiterhin in der Immobilie zu wohnen und die Erträge daraus zu erhalten.

2. Übertragung gegen Verpflichtungen

Die Übertragung von Vermögen kann mit Verpflichtungen verknüpft werden, welchen der Beschenkte nachkommen muss. Besonders häufig ist hierbei die Verpflichtung zur persönlichen Pflege des Schenkers oder Zahlung einer Leibrente. Allerdings sollten solche Verpflichtungen deutlich definiert, schriftlich festgehalten und rechtlich abgesichert sein.

3. Rückforderungsrechte

Gesetzlich sind nur wenige Rückforderungsrechte des Schenkers bestimmt. Der vertraglichen Gestaltung solcher Rückforderungsrechte sind hingegen keine Grenzen gesetzt. Beispielsweise kann vereinbart werden, dass der Beschenkte die übertragene Immobilie nicht ohne die Zustimmung des Schenkers veräußern darf oder die Vermögenswerte an den Schenker zurückfallen, falls der Beschenkte vor dem Schenker stirbt. Somit kann der Schenker in bestimmten Situationen das Eigentum zurückverlangen.

4. Verzicht auf das Erbe

Zu beachten ist, dass eine Schenkung die gesetzliche Erbfolge (§§ 1924 ff. BGB) nicht verändert, d.h., dass der Beschenkte (trotz der schon erlangten Zuwendung) grundsätzlich weiterhin einen Anspruch auf den Nachlass hat, sofern er von der gesetzlichen Erbfolge erfasst ist.

Der Schenker kann mit dem Beschenkten allerdings durch einen notariell beurkundeten Erbverzichtsvertrag einen Erbverzicht vereinbaren: der Beschenkte hat seinen Anteil bereits erhalten und wird dann nach dem Eintritt des Erbfalls nicht mehr in der Erbfolge berücksichtigt.

5. Anrechnung auf den Pflichtteil

Es gibt auch die Möglichkeit, die Schenkung auf den Pflichtteil anzurechnen. Das bedeutet, dass der Beschenkte seinen Anteil schon zu Lebzeiten erhalten hat und der Erblasser diesen dann im Testament enterbt. Der Erbe kann dennoch seinen Anspruch auf den Pflichtteil gem. § 2303 ff. BGB geltend machen.

6. Anrechnung auf den Erbteil

In dem Fall, dass der Beschenkte weder auf den Erbteil verzichtet, noch enterbt wurde, ist darauf abzustellen, ob er eine Schenkung als Ausstattung erhalten hat. Diese wird gem. § 2050 BGB auf den Erbteil angerechnet, falls es weitere Abkömmlinge des Erblassers gibt und dieser durch eine letztwillige Verfügung von Todes wegen nichts anderes bestimmt hat. Danach wird das Erbe nach der gesetzlichen Erfolge gem. §§ 1924 ff. BGB verteilt (sog. Ausgleichspflicht gem. § 2050 BGB).

Diese Ausgleichspflicht gilt nicht, wenn der Erblasser ein Testament erlassen hat.

Handelt es sich bei der Schenkung nicht um eine Ausstattung, wird diese nicht auf den gesetzlichen Erbteil angerechnet, § 2050 Abs. 3 BGB, sofern im Schenkungsvertrag nichts anderes vereinbart ist.

 

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Die Übertragung von Immobilien zu Lebzeiten kann eine effektive Strategie zur Vermögensübertragung und zur Steuerersparnis darstellen. Doch dieser Schritt sollte gut durchdacht sein, da er mit verschiedenen steuerlichen und rechtlichen Fragen verbunden ist. In diesem Artikel werfen wir einen Blick auf die wesentlichen Aspekte der Immobilienübertragung zu Lebzeiten und erläutern, was dabei steuerlich und rechtlich zu beachten ist.

  1. Wie erfolgt die Übertragung von Immobilien zu Lebzeiten?

In Deutschland gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, eine Immobilie zu Lebzeiten zu übertragen. Die häufigsten Varianten sind:

  • Schenkung: Hierbei wird eine Immobilie ohne Gegenleistung an eine andere Person übergeben. Eine Schenkung erfordert eine notarielle Beurkundung.
  • Vertragliche Vereinbarungen: Oftmals erfolgt die Übertragung über einen Schenkungsvertrag, der neben der Übergabe der Immobilie auch die künftigen Nutzungsrechte und Pflichten regelt. In manchen Fällen kann der Schenker sich ein Rückforderungsrecht vorbehalten, falls bestimmte Bedingungen eintreten.

Eine wesentliche Frage bei der Schenkung zu Lebzeiten ist, wie die Nutzung der Immobilie geregelt wird. Häufig bleibt der Schenker zunächst weiterhin als Nutzer in der Immobilie (Wohnrecht, Nießbrauch), während der Beschenkte die Immobilie tatsächlich nicht nutzt.

  1. Steuerliche Aspekte bei der Übertragung von Immobilien

Die steuerlichen Folgen einer Immobilienübertragung zu Lebzeiten sind ein entscheidender Punkt. In Deutschland fällt im Falle einer Schenkung grundsätzlich Schenkungsteuer an. Es gibt jedoch verschiedene Freibeträge, die je nach Verwandtschaftsverhältnis unterschiedlich hoch sind:

  • Freibeträge: Ein Ehepartner oder eingetragener Lebenspartner kann bis zu 500.000 Euro steuerfrei erhalten, Kinder haben einen Freibetrag von 400.000 Euro, und für Enkelkinder gilt ein Freibetrag von 200.000 Euro. Diese Freibeträge gelten für Schenkungen innerhalb von 10 Jahren.
  • Schenkungsteuer: Wenn der Wert der Immobilie den Freibetrag überschreitet, wird Schenkungsteuer fällig. Die Höhe der Steuer richtet sich nach dem Wert der Immobilie und dem Verwandtschaftsgrad zwischen Schenker und Beschenktem. Ehegatten und Kinder profitieren von niedrigeren Steuersätzen, während entfernte Verwandte oder Freunde höhere Steuersätze zahlen müssen.
  • Steuersätze: Die Schenkungsteuer kann je nach Höhe des geschenkten Betrags zwischen 7 und 50 Prozent liegen. Es ist daher besonders wichtig, den Marktwert der Immobilie korrekt zu ermitteln, da dieser Wert die Grundlage für die Berechnung der Steuer bildet.
  1. Vorteile und Nachteile einer Schenkung zu Lebzeiten

Vorteile:

  • Steueroptimierung: Eine Schenkung zu Lebzeiten kann helfen, Erbschaftssteuern zu vermeiden oder zu verringern, da Schenkungen steuerlich günstiger behandelt werden können als Erbschaften.
  • Gestaffelte Vermögensübertragung: Durch schrittweise Schenkungen über mehrere Jahre hinweg kann der Freibetrag immer wieder genutzt werden, was zu einer signifikanten Steuerersparnis führt.
  • Vermeidung von Erbstreitigkeiten: Eine klare Regelung zur Übertragung von Immobilien kann potenzielle Konflikte unter den Erben minimieren und für Klarheit sorgen.

Nachteile:

  • Steuerliche Belastung: Schenkungen, die den Freibetrag übersteigen, können hohe Steuersummen nach sich ziehen. Diese sollten vorab genau kalkuliert werden.
  • Eingeschränkte Verfügungsfreiheit: Einmal übertragene Immobilien können nur schwer wieder zurückgeholt werden, es sei denn, es wurden entsprechende vertragliche Rückforderungsrechte vereinbart.
  • Unumkehrbarkeit: Eine Schenkung ist in der Regel schwer rückgängig zu machen, was die Flexibilität des Schenkers einschränken kann, falls er seine Entscheidung später ändern möchte.
  1. Weitere steuerliche Aspekte: Immobilienbewertung und Grunderwerbsteuer

Neben der Schenkungsteuer gibt es noch weitere steuerliche Faktoren, die bei einer Immobilienübertragung beachtet werden sollten:

  • Bewertung der Immobilie: Der Wert der Immobilie, der für die Schenkungsteuer zugrunde gelegt wird, muss genau ermittelt werden. Dies kann durch einen Gutachter oder eine marktgerechte Bewertung erfolgen. Eine falsche Bewertung kann zu einer höheren Steuerbelastung führen.
  • Grunderwerbsteuer: Bei Schenkungen an nahe Verwandte (z. B. an Kinder oder Ehepartner) fällt in vielen Fällen keine Grunderwerbsteuer an. Es gibt jedoch Ausnahmen und spezifische Regelungen, die beachtet werden müssen.
  1. Fazit

Die Übertragung von Immobilien zu Lebzeiten kann viele Vorteile bieten, vor allem im Hinblick auf die Steuerersparnis und die Möglichkeit, Vermögen frühzeitig und strukturiert zu übertragen. Allerdings ist eine sorgfältige Planung notwendig, um unerwartete steuerliche Belastungen zu vermeiden und rechtliche Fallstricke zu umgehen. Es ist ratsam, sich entsprechend beraten zu lassen, um die Schenkung korrekt und steueroptimiert zu gestalten.

Wer eine Immobilie zu Lebzeiten übertragen möchte, sollte sich der langfristigen Konsequenzen bewusst sein und diese gründlich abwägen. Nur so lässt sich eine optimale Lösung finden, die den Wünschen des Schenkers und des Beschenkten gerecht wird und steuerlich sowie rechtlich abgesichert ist.

 

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Die Erbschaftssteuer stellt in Deutschland für viele Erben eine unerwartet hohe finanzielle Belastung dar. Insbesondere bei größeren Vermögen kann die Steuerlast erheblich ausfallen. Um die Steuerlast so gering wie möglich zu halten ist die vorweggenommene Erbfolge eine effektive Methode. Hierbei werden die Vermögenswerte bereits zu Lebzeiten des Erblassers an die Erben übertragen umso Steuern zu sparen. Durch eine durchachte vorweggenommene Erbfolge kann die Steuerbelastung erheblich reduziert werden.

Doch was genau ist die vorweggenommene Erbfolge und wie funktioniert diese? Wie profitieren Sie von den steuerlichen Vorteilen und Übertragen Ihr Vermögen möglichst reibungslos? In diesem Beitrag erfahren Sie alles, was Sie zur vorweggenommenen Erbfolge wissen müssen.

Was ist vorweggenommene Erbfolge?

Die vorweggenommene Erbfolge stellt einen steuerlichen Gestaltungsspielraum dar, bei welchem das Vermögen bereits zu Lebzeiten an die Erben übertragen wird. Das Erbe wird also nicht erst nach dem Tod des Erblassers übertragen, sondern die Übergabe erfolgt schon während der Lebzeiten des Vermögensinhabers. Unter Berücksichtigung einiger Voraussetzungen kann die Übergabe steuergünstiger gestalten werden.

Rechtlicher Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge

Die vorweggenommene Erbfolge findet sich im Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuergesetz (ErbStG). Die Schenkungsfreibeträge regelt § 16 ErbStG, wobei § 13 ErbStG die steuerlichen Vorteile von Schenkungen und Erbschaften regelt.

Vorteile der vorweggenommenen Erbfolge:

  • Schenkungsfreibeträge: Durch Schenkungen zu Lebzeiten können die Freibeträge für Schenkungen alle 10 Jahr voll ausgeschöpft und die somit Steuerlast reduziert werden.
  • Ehepartner 500.000€: Für Ehepartner liegt der Freibetrag bei 500.000€.
  • Kinder 400.000€: Kinder steht ein Freibetrag von 400.000€ zu.
  • Enkel 200.000€: Für Enkelkinder liegt der Freibetrag bei 200.000€.
  • Alle übrigen Beschenkten 20.000€
  • Vermeidung von Erbstreitigkeiten: Durch eine klare Vermögensverteilung vor dem Tod des Erblassers können Streitigkeiten unter den Erben verhindert bzw. vorgebeugt werden.
  • Sicherung des Vermögens: Die Übergabe der Vermögenswerte zu Lebzeiten ermöglicht es dem Erblasser, die Kontrolle über sein Vermögen zu behalten und so die Übertragung sicher zu gestalten.
  • Übertragung von Immobilien und Finanzvermögen: Auch bei der Übertragung von Immobilien und Finanzvermögen können die Freibeträge für Schenkungen im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge genutzt werden. Hierbei kann eine Übertragung zu Lebzeiten erhebliche Steuerersparnisse begünstigen.
  • Übertragung von Unternehmensanteilen: Ebenso kann im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge die Übertragung von Unternehmensanteilen vollzogen werden, wobei die Schenkungsfreibeträge genutzt werden können, um die steuerliche Belastung zu verringern.

Unterschied zur klassischen Erbfolge

Der ausschlaggebende Unterschied zur klassischen Erbfolge liegt in der Übergabe des Vermögens. Bei der klassischen Erbfolge wird das Vermögen erst nach dem Tod des Erblassers übertragen, wobei die vorweggenommene Erbfolge es ermöglicht, das Vermögen schon zu Lebzeiten zu übertragen. Die Erbschaftssteuer wird innerhalb der klassischen Erbfolge auf den gesamten Wert des Erbes erhoben, wobei bei der vorweggenommenen Erbfolge die Freibeträge für Schenkungen genutzt werden können, um die Steuerlast zu reduzieren.

Häufig gestellte Fragen (FAQs):

  • Wie hoch sind die Schenkungsfreibeträge? Die Freibeträge hängen von dem jeweiligen Verwandtschaftsgrad ab. Für Ehepartner besteht ein Freibetrag von 500.000€, Kinder steht ein Steuerfreibetrag in Höhe von 400.000€ zu, Enkel haben einen Freibetrag von 200.000€ und für alle übrigen Beschenkten besteht ein Freibetrag von 20.000€. Diese Freibeträge können alle 10 Jahre erneut ausgeschöpft werden.
  • Gelten die Freibeträge auch für die Übergabe von Immobilien? Ja, auch Immobilien können mithilfe von den Freibeträgen für Schenkungen im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge übertragen werden.

Die vorweggenommene Erbfolge und die gleichzeitige Nutzung der Schenkungsfreibeträge stellt eine wertvolle Möglichkeit dar, um Vermögen steueroptimiert zu übertragen. Für eine individuelle und detaillierte Beratung kontaktieren Sie uns gerne jederzeit. Zusammen erstellen wir eine auf Sie abgestimmte Erbplanung, um Ihr Vermögen effektiv zu übertragen.

 

 

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